Neukunden-Rabatte, die schiere Flut an Angeboten im Web und der Reiz des Neuen: All das und mehr führt zu niedrigen Wechselbarrieren bei Kunden und erschwert die langfristige Kundenbindung an ein Unternehmen.
Doch wie gewinnt Ihr Unternehmen bei diesem Tauziehen? Eine bekannt und bewährte Strategie zur Kundenbindung ist der Lock-in-Effekt. Damit dabei keine Kundenzufriedenheit verloren geht, müssen die entsprechenden Maßnahmen jedoch gut überlegt angewendet werden.
Im folgenden Beitrag erfahren Sie, was es mit dem Lock-in-Effekt genau auf sich hat und wie Sie Kundenbindung fördern können, ohne Ihre Kunden „einzusperren“.
Was ist der Lock-in-Effekt
Der Lock-in-Effekt, auch Anbinde-Effekt genannt, bezeichnet die enge Kundenbindung an ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Dienstleistung, die vom Unternehmen selbst aktiv gefördert wird.
Warum der Lock-in-Effekt eine wichtiger Aspekt von Unternehmensstrategien ist?
Die „Wechselbereitschaft“ von Kunden steigt zunehmend an. Vor allem, aber nicht nur im B2B Bereich. Wechselbarrieren scheinen in unserer schnelllebigen Zeit immer niedriger zu werden und eine Fülle an konkurrierenden Unternehmen gibt alles, um den Wechsel zu erleichtern – beispielsweise mit attraktiven Angeboten für Neukunden.
Um einen Lock-in-Effekt auszulösen und eine möglichst enge Kundenbindung zu erreichen, muss folgendes Aussage zutreffen:
Die Wechselkosten sind für Kunden höher als der Nutzen eines Wechsels.
Eigentlich ziemlich einleuchtend, oder?
Ihre Strategien der Kundenbindung sollten also darauf ausgerichtet sein, die Wechselbarrieren zu erhöhen. Doch hier gibt es wichtige Unterschiede:
5 Arten der Kundenbindung
Der Lock-In-Effekt hat mitunter einen ziemlich schlechten Ruf – allein durch den Namen bekommt man Beklemmungsängste.
Doch bekannte Marken machen es vor: Wirklich erfolgreiche Strategien der Kundenbindung nehmen Kunden nicht einfach nur „gefangen“, sondern verwandeln Nutzer in Fans, die überhaupt nicht wegmöchten!
Der Lock-in-Effekt hat also mehr als ein Gesicht: Verschiedene Strategien der Kundenbindung können unterschiedliche Wechselbarrieren schaffen.
Grob lassen sich 5 Arten der Kundenbindung unterscheiden:
Affektive Kundenbindung
Unserer Meinung nach ist der Lock-in-Effekt, der auf affektiver Kundenbindung beruht, neben der wertebezogenen Kundenbindung ein absoluter Lottogewinn für Unternehmen! Indem eine enge, persönliche und positive Beziehung mit den Kunden gefördert wird, entsteht eine emotionale Bindung, die rationale Geschäftskalkulationen übertrumpft und daher eine extrem hohe Wechselbarriere darstellt.
Häufig wird angegeben, dass diese Art der Kundenbindung nur im B2C-Bereich relevant ist, aber das ist nicht unbedingt der Fall. Denn wissen Sie was? Unternehmer sind auch nur Menschen!
Das soll natürlich nicht heißen, dass Sie die Qualität Ihrer Dienstleistungen oder Produkte schleifen lassen können, solange Sie sich gut mit Kunden verstehen…
Wertebezogene Kundenbindung
Wir kaufen nicht nur, sondern tauschen uns mit Freunden, Bekannten und Kollegen darüber aus, wo, was, und warum wir kaufen. Aktuelle Trends zeigen, dass Kunden bei Anbietern zunehmend darauf achten, dass die Unternehmen ihre Werte, Einstellungen und Visionen teilen.
Wollen Sie einen effizienten Lock-in-Effekt, ohne den Kunden „einzusperren“, sind Strategien der wertebezogenen Kundenbindung zu empfehlen. Ein tolles Plus: Kundenzufriedenheit geht mit diesem Lock-in-Effekt Hand in Hand!
Gewohnheitsbezogene Kundenbindung
Ich weiß noch, wie mein Physik-Lehrer sich immer über seine eigenen Witze freute. Vor allem wenn es um das erste newtonsche Gesetz ging: „Alle Körper sind träge: Sieht man ja an euch!“ Der Scherzkeks…
Aber wir werden wohl alle zustimmen: Menschen sind Gewohnheitstiere. Und auch das wirkt sich als Lock-in-Effekt positiv für Unternehmen aus: Je nach Branche und Klientel scheint es bequemer, beim selben Anbieter zu bleiben, als zu wechseln. Die Wechselkosten – die Energie und Zeit, die es braucht, um einen anderen und besseren Anbieter zu finden – sind (gefühlt) höher als der Nutzen.
Wirtschaftliche Kundenbindung
Vor allem im B2B-Bereich, wo es doch etwas weniger um emotionale Aspekte, und mehr um harte wirtschaftliche Abwägungen geht, werden Lock-in-Effekte vor allem durch Strategien der wirtschaftlichen Kundenbindung ausgelöst. Ziel ist es, den Kunden im After-Sales-Geschäft einmalige Zusatzleistungen zu bieten, die präzise an ihre Bedürfnisse angepasst wurden und echten Mehrwert bieten.
Erzwungene Kundenbindung
Wir sind ein Fan davon, Kundenbindung über positive Emotionen zu schaffen und Kunden mit Unternehmenswerten zu überzeugen. Wenn über den Lock-in-Effekt gesprochen wird, vermuten dahinter jedoch viele die erzwungene Kundenbindung, die einen negativen Beigeschmack hinterlässt.
Der erzwungene Lock-in-Effekt kann zwar durchaus wirkungsvoll sein kann, aus unserer Sicht ist er jedoch ziemlich problematisch.
Achtung: Die erzwungene Kundenbindung geht weit über den Abschluss von Langzeit-Verträgen hinaus, die Kunden wissend und mit offenen Augen unterzeichnen. Vielmehr entsteht der Lock-in-Effekt der erzwungenen Kundenbindung durch Maßnahmen, denen sich der Kunde vorher nicht bewusst ist.
Ein gutes Beispiel sind solche IT-Systeme, die beim Kauf recht günstig sind, danach jedoch extrem teure Support- und Aktualisierungskosten mit sich ziehen.
Natürlich können Sie die Wechselkosten so sehr erhöhen und Ihren Kunden beim Wechsel so viele Steine in den Weg legen, dass sie aufgeben und bei Ihnen bleiben.
Doch wenn Sie auf diesen harten Lock-in-Effekt setzen, bekommen Sie in der Regel alles andere als zufriedene Kunden. Und sobald sich doch die Gelegenheit für einen Wechsel bietet, sind die Kunden weg.
So schaffen Sie den Lock-in-Effekt ohne Klaustrophobie
Wenn Sie hier angekommen sind, dann Glückwunsch! Sie sind nicht aus Versehen auf der Seite gelandet und wollen sich tatsächlich mit dem Thema Kundenbindung auseinandersetzen.
Das heißt, Sie haben bereits ein wichtiges Prinzip verstanden: Statt immer der Neukundengewinnung nachzujagen, lohnt sich die Überlegung, wie man bestehende Kunden behalten kann!
Studien aus dem Neuromarketing haben bewiesen, dass Emotionen mehr Einfluss auf unser Kaufverhalten haben als rationale Überlegungen. Auch beim Lock-in-Effekt empfehlen wir deshalb, den Fokus (vor allem) auf das limbische System bzw. die Emotionen der Kunden zu setzen.
Mit den nachfolgenden Tipps verwandeln Sie den goldenen Käfig des Lock-in-Effekts in einen sicheren Hafen für Ihre Kunden.
Der Lock-in-Effekt: 6 Tipps
Die folgenden 6 Tipps sind bewährte Methoden, um einen affektiven und wertebasierten Lock-in-Effekt zu kreieren, der Ihre Kunden nicht „einsperrt“, sondern sie zu loyalen Langzeit-Kunden macht, die gut über Sie sprechen und immer wieder gerne auf Sie zurückkommen.
Personalisierte Dienstleistungen
Nutzen Sie den klaren Vorteil gegenüber Unternehmen, die Ihre Kunden noch nicht kennen! Wenn Sie neue Produkte oder Angebote entwickeln, sollten Sie sich direkt überlegen, welche Kunden von welchen neuen Leistungen und Zusatz-Angeboten profitieren könnten. Wenden Sie sich mit Newslettern und über direkten Kontakt im Rahmen einer Vorzugsbehandlung an diese Kunden.
Die Personalisierung sollte außerdem nicht nur in den Angeboten, sondern auch im Service generell zu spüren sein: Sprechen Sie Bestandskunden stets mit ihrem Namen an und lassen Sie sie wissen, dass sie ihre Gewohnheiten und Präferenzen kennen. Dafür können Sie übersichtliche Steckbriefe erstellen, damit sich Mitarbeiter bei der Ansprache einen schnellen Überblick verschaffen können.
Reden Sie überall mit
Breiten Sie sich in Ihrer Nische aus! In Branchen mit Dienstleistungen oder Produkten, die nicht jede Woche gekauft werden, kann es passieren, dass sich Ihre Kunden nicht mehr an Sie erinnern.
Aber keine Panik! Indem Sie Wissensartikel veröffentlichen und mit ihrer Brand und Expertise auf allen möglichen Kommunikationskanälen mitmischen, werden Sie von früheren Kunden schnell gesehen.
Und schon ist der Lock-in-Effekt wieder da, denn Sie appellieren direkt an das Gewohnheitstier im Kunden: „Ach ja, bei denen habe ich das letzte Mal gekauft. Ich weiß, wie es funktioniert, dann mach ich das doch wieder so.“
Denken Sie an Ihre Bestandskunden
Apropos Gewohnheitstier: Aktualisierungen, ein Webseiten-Relaunch und Prozess-Optimierungen machen ein gutes Unternehmen aus. Geschäftsmodelle ändern sich mit den Nutzererwartungen.
Doch Ihre Bestandskunden erwarten, dass sie sich nicht ständig an neue, komplizierte Vorgänge gewöhnen müssen! Achten Sie also darauf, dass Sie die Kunden, die Sie schon haben, nicht mit Prozessen vergraulen, die nur auf die Wünsche von Neukunden ausgerichtet sind.
Berücksichtigen Sie Ihre Bestandskunden und deren Gewohnheiten, indem Sie easy-peasy Instruktionen geben und erklären, warum die Änderungen auch für sie von Vorteil sind.
Wunschkunden schweißen zusammen
Eine enge Definition Ihrer Zielgruppe ist aus unzähligen Gründen ein riesiger Meilenstein auf dem Weg zum Unternehmens-Erfolg: Das predigen wir bei Waldhirsch ständig, weil es sich erfahrungsgemäß immer bewährt.
Auch für eine langfristige Kundenbindung ist eine spitze Zielgruppe und das Arbeiten für Ihre Wunschkunden wichtig. Indem Sie ein Netzwerk aus Mitarbeitern und Kunden aufbauen, die Werte, Visionen und Einstellungen teilen, entsteht ein starkes Gemeinschaftsgefühl, von dem sich Kunden nicht so einfach abwenden.
Diesen wertebasierten Lock-in-Effekt können Sie beispielsweise durch Frage-Foren und eine starke Social Media Präsenz fördern und unterstützen.
Außerdem können Sie diesen Zusammenhalt durch einen affektiven Lock-in-Effekt stärken, indem Sie „Anonymität“ zum Unwort Ihres Unternehmens machen: Geben Sie Ihren bestehenden Kunden feste Ansprechpartner und keine generische Kontakt-Nummer! Denn emotionale Bindung entsteht zu Menschen, nicht zu Unternehmen.
Bieten Sie das Rundum-Paket
Nein, wir empfehlen kein Geschäftsmodell à la „eierlegende Wollmilchsau“. Sie haben Ihre besondere Stärke und das ist auch gut so – deshalb ist der Kunde ja vermutlich überhaupt erst zu Ihnen gekommen.
Um Kunden zu halten und einen Wechsel ganz ohne horrende Wechselkosten zu verhindern, sollten Sie aber auf alle Kundenbelange rund um Ihr Thema vorbereitet sein. Sie müssen dabei nicht selbst alle Leistungen bieten können, aber das Netzwerk und die Expertise haben, Ihre Kunden neutral zu beraten und an entsprechende Anbieter weiterzuleiten. Im besten Fall übernehmen Sie die komplette Vermittlung.
Kurzum: Sie sollten alle Bedürfnisse des Kunden abdecken können. Dann klingelt Ihr Kunde bei Fragen einfach nur noch bei Ihnen durch.
Das Risiko, dass er bei einer Suche in der freien Web-Wildbahn abgeworben wird, sinkt erheblich!
Loyalitätsprogramme & Vergünstigungen
Und schließlich noch ein Tipp, der auf den wirtschaftlichen Lock-in-Effekt abzielt und fast immer zieht: Belohnen Sie die Loyalität Ihrer Kunden mit Rabatten, Vergünstigungen und anderen (wirtschaftlichen) Vorteilen.
Im B2C-Bereich sind hier beispielsweise Punktekarten sehr beliebt. Im B2B-Bereich sollten Sie je nach Branche auf Vergünstigungen des Stundensatzes in Langzeit-Verträgen setzen oder den kostenlosen/kostengünstigeren Zugang zu besonderen Leistungen oder Tools gewähren.
Schluss für heute!
Kundenbindung wird durch den zunehmenden Wettbewerb mit ähnlichen Unternehmen immer schwieriger. Doch kein Grund zu verzagen, denn Kunden bleiben gerne loyal, wenn Sie sich ein bisschen ins Zeug legen!
Ich hoffe, der Beitrag hat Ihnen das Konzept und die Wichtigkeit des Lock-in-Effekts nähergebracht und konnte zeigen, dass Sie Lock-in-Effekte auslösen können, die mit Kundenzufriedenheit einhergehen.
Jetzt würde ich gerne von Ihnen wissen: Hat Ihnen der Beitrag weitergeholfen? Wenden Sie Strategien für Lock-in-Effekte bereits bewusst an, oder haben Sie eine ganz andere Meinung dazu? Hinterlassen Sie einen Kommentar!
Auch über Fragen oder Anregungen zu weiteren Themen freue ich mich übrigens!
Inspirationsquellen:
https://roeckl.in/der-lock-in-effekt/
https://www.net4energy.com/wiki/lock-in-effekt
https://www.unit-m.de/lock-in-effekt-oder-wie-man-kundenbindung-richtig-macht/
https://service-lobby.com/lock-in-effekt/
https://www.datalab-crm.de/wechselbarrieren-kundenbindung/
http://thomas-lindemann.com/engagement/kundenbindung-messen-und-steigern/