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    Mental Accounting

    So vermeidest du rote Zahlen im Kundschafts-Hirn.

    Obwohl – oder vielleicht gerade – weil wir Menschen so irrational handeln und denken, lieben wir es, uns an Ordnung, Struktur und klaren Richtlinien festzuhalten.

    Auch bei unseren täglichen Ausgaben führt unser Gehirn (scheinbar) genau Buch, um unsere Liebe zum Konsum zu zügeln. In anderen Worten: wir machen mental Accounting. Und wie fast alle kognitiven Phänomene kann auch die mentale Buchführung Vorteile und Nachteile für dein Marketing haben.

    Mentales Accounting kurz erklärt

    Das psychologische Konzept des mental Accounting bzw. der mentalen Buchführung beschreibt die Kategorisierung, die wir bei (finanziellen) Transaktionen vornehmen. Demnach verteilen wir unsere Ausgaben auf verschiedene mentale Konten (Urlaub, Mittagessen, Freitag-Abende etc.), für die wir ein bestimmtes Budget zurechtlegen.

    Entdeckt bzw. genau erforscht wurde das mentale Accounting vom US-amerikanischen Wirtschaftsnobelpreisträger Richard Thaler, laut dem die Aufteilung unseres Budgets in verschiedene kleine Konten der Selbstkontrolle dient.

     

    Mentales Accounting ist irrational

    Ok, also eigentlich macht das ziemlich viel Sinn, oder? Mit Sicherheit kannst du das mentale Accounting auch bei dir selbst feststellen. Zumindest für einige Kategorien. Hast du nicht schon einmal auf den Cappuccino in der Mittagspause verzichtet, aber das Dessert beim Restaurantbesuch am Wochenende war noch locker drin? Wenn ja, lag es vielleicht daran, dass du das mentale Konto „Mittagspausen“ schon überzogen hattest, das Konto „Wochenend-Aktivitäten“ jedoch noch nicht.

     

    Grafik von einer Hand mit Geld, mehreren Geldbeuteln und einem Gehirn zur Verdeutlichung des mental Accounting

    Aber was sollst du jetzt mit diesem Wissen anfangen und vor allem: Was hat das mit deinem Marketing-Erfolg zu tun?

    Wir kommen noch auf dein Marketing zurück. Doch zuerst will ich darauf eingehen, warum die mentale Buchführung von Thaler und anderen Ökonom:innen in der Regel als Problem eingestuft wird:

    Das mentale Accounting wird in der Regel vor dem Konsum erstellt und führt zu einem Mangel an Flexibilität. Klar, das ist ja auch irgendwie Sinn und Zweck der Sache. Aber Achtung: Die mentale Buchführung passiert, wie der Name schon sagt, eben nur mental und nicht unbedingt bewusst. Das heißt, unser Gehirn sitzt nicht mit Excel-Sheet und Taschenrechner bereit und macht Analysen davon, wie viele Ausgaben für welchen Bereich angebracht sind. Klar, eine gewisse Annäherung ist schon möglich, aber Präzision ist was anderes.

    Und da hast du auch schon den mental Accounting-Salat: Denn die fehlende Flexibilität der mentalen Buchführung kann leicht dazu führen, dass wir für manche Dinge zu viel ausgeben und für andere Dinge zu wenig, da nicht die richtige Geldsumme vorgesehen wurde.

    Übrigens: Dieses nachgewiesene Verhalten widerspricht ganz klar der ökologischen Konsumtheorie, die besagt, dass Personen immer die optimale Menge eines Produktes verbrauchen.

     

    Beispiele für mental Accounting

    Ist dir die Sache noch nicht komplett klar? Hier zwei Beispiele, die verdeutlichen, wie uns das auf den ersten Blick so hilfreiche mental Accounting in die Irre führen kann und uns in unserem Kaufverhalten beeinflusst:

     

    Kinokarte

    Stell dir vor, du hast richtig Bock auf Kino und willst direkt nach der Arbeit in eine Vorstellung.

    Szenario 1: Du holst dir mittags eine Karte für 10 Euro. Als du abends am Kinoeingang stehst, bemerkst du, dass du die Eintrittskarte verloren hast.

    Szenario 2: Du kaufst dir keine Karte im Voraus, merkst aber am Kinoeingang, dass du einen 10-Euro-Schein verloren hast.

    Wie würdest du dich in der jeweiligen Situation verhalten: Würdest du (erneut) 10 Euro für die Kinokarte ausgeben?

    Thaler führte 1999 eine Studie mit einer Gruppe Proband:innen durch, um genau diese Szenarien zu testen:

    Nur 56 % waren bereit, das Ticket noch einmal zu kaufen, wenn sie es verloren haben.

    Aber 88 % der Proband:innen wollten das Ticket kaufen, nachdem sie gemerkt hatten, dass sie denselben Betrag in Form von barem Geld verloren haben!

    Bus vs. Auto

    Ein weiteres, etwas weniger hypothetisches Beispiel betrifft die Wahl zwischen öffentlichem Verkehr und Auto.

    Häufig wird der öffentliche Personennahverkehr als unverhältnismäßig teuer wahrgenommen: Dann schimpfen wir über Bahn- und Busunternehmen und nehmen das Auto, weil es sich einfach mehr rentiert.

    So ganz stimmt dieser Eindruck aber nicht. Das Problem ist, dass wir sämtliche Ausgaben des öffentlichen Verkehrs beim mentalen Accounting auf das Konto „Fahrkarten“ verbuchen, während wir die Ausgaben fürs Auto verschiedenen Konten wie „Reparaturen“, „Wartung“, „Benzin“ etc. zuweisen.

     

    Grafik mit einer Person und zwei Geldbeuteln zur Darstellung der mentalen Buchführung

    Auch hier führt die mentale Buchführung also nicht zu rationaleren Entscheidungen, sondern das Gegenteil ist der Fall! Du siehst: Was eigentlich als extrem logische Denkweise rüberkommt, ist doch wieder eher ein Beweis dafür, wie subjektiv wir handeln und denken. Sowas aber auch!

    Tipps fürs Marketing

    So, jetzt aber ran an den Speck: Was bringt dir das Wissen über das mentale Accounting deiner Kundschaft? Ganz klar: Je mehr du darüber weißt, wie deine Kundschaft tickt, desto besser kannst du dein Marketing darauf anpassen! Wie? So:

     

    Tipp 1: Erlaube flexibles mental Accounting

    Als Erstes sollte dir bewusst sein: Die Kundschaft kauft keinen Hammer, sondern Effizienz und Zeitersparnis. Sie buchen keinen Hotelaufenthalt, sondern eine Woche Regeneration und Quality Time mit der Familie.

    Egal, welches Produkt oder welche Dienstleistung dein Unternehmen anbietet: Du solltest deine Leistungen so vermarkten, dass die Kundschaft die Ausgaben beim mentalen Accounting flexibel auf verschiedene Konten verteilen kann – je nachdem, welches Konto noch Ausgaben erlaubt.

     

    Ein Tisch und zwei Fragezeichen

    Nehmen wir Frank: Der war diesen Monat schon dreimal im Restaurant. Beim mentalen Accounting hat er diese Ausgaben fleißig dem Konto „Essen“ zugewiesen. Als er von Freund:innen gefragt wird, ob er noch einmal mitkommt, sagt sein Gehirn aber: Halt, Stopp, das Budget für „Essen“ ist verbraucht! Anstatt Frank den Restaurantbesuch übelzunehmen, sucht sein Gehirn nach einer Lösung: Und weist den Restaurantbesuch einfach dem Konto „Unterhaltung“ zu, da ist nämlich noch Luft nach oben!

     

    Tipp 2: Test-Phasen

    Biete eine Rückgabe-Garantie oder Test-Phase an. Wenn die Kundschaft die endgültige Kauf-Entscheidung verschieben kann, kommt es vorerst auch zu keinem mental Accounting. Und bis es so weit ist, ist die Kundschaft mit Sicherheit schon von deinem Unternehmen und seinem Nutzen überzeugt.

    Zusammenfassung

    Mentales Accounting beschreibt die Kategorisierung von Ausgaben in verschiedene mentale Konten und wird oft unbewusst angewendet. Dies kann zu einer mangelnden Flexibilität führen, da Geldmittel nicht immer effizient aufgeteilt werden.

    Für dein Marketing bedeutet das ganz konkret:

    • Erlaube flexibles mental Accounting: Unternehmen sollten ihre Produkte und Dienstleistungen so vermarkten, dass Kunden ihre Ausgaben flexibel auf verschiedene mentale Konten verteilen können, je nachdem, welches Konto noch Budget übrig hat.
    • Biete Test-Phasen oder Rückgabe-Garantien an: Indem Kunden die endgültige Kaufentscheidung verschieben können, wird das Konzept des mental Accounting vorerst vermieden. Dies bietet die Möglichkeit, Kunden von den Vorteilen des Produkts oder der Dienstleistung zu überzeugen, bevor sie sich endgültig entscheiden.