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    Psychografische Zielgruppen im Marketing

    Klassische Zielgruppen funktionieren nicht oder haben nur eingeschränkten Erfolg. Warum das so ist und was du dagegen unternehmen kannst, erfährst du im folgenden Artikel über psychografische Zielgruppen.

    Wie werden Kaufentscheidungen getroffen?

    Um zu verstehen, warum klassische Zielgruppen nicht funktionieren, beginnen wir zunächst mit ein paar Grundlagen für unser Kaufverhalten, denn

    Kaufentscheidungen werden aufgrund unserer Emotionen getroffen

     
    Neueste Studien zeigen, dass unsere Entscheidungen zu mehr als 80 Prozent unbewusst getroffen werden. Manche Wissenschaftler sprechen sogar von über 90 Prozent. Der bewusste Verstand hat also nur wenig mitzureden. Fast alles, was wir tun, wird von unserem Unterbewusstsein gelenkt. Und unser Unterbewusstsein wird wiederum von unseren Emotionen geleitet. Jede:r, der/die sich schon einmal mit Glaubenssätzen, NLP oder Grundmotiven beschäftigt hat, kann das bestätigen.

    Ein paar Beispiele:

    • Ein Porschefahrer hat den Drang nach Bewunderung und/oder Wertschätzung für seinen beruflichen Erfolg.
    • Der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine Kaufentscheidung aufgrund eines Sicherheitsbedürfnisses.
    • Die Gründung eines Unternehmens wird wahrscheinlich von Freiheit, Selbstbestimmung oder Reichtum begleitet.

    Jeder Kaufentscheidung liegt also eine Befriedigung eines unserer Grundmotive zugrunde. Grundmotive sollten daher der wichtigste Faktor in einer Zielgruppendefinition sein.

    Die Realität sieht allerdings ganz anders aus.

     

    Klassische Zielgruppendefinition

    Die meisten Unternehmen und leider auch Werbeagenturen wählen ihre Zielgruppe nach folgenden Kriterien:

    • Geografisch: Land, Region, Stadt, Wohngebiete, etc.
    • Demografisch: Alter, Geschlecht, Familienstand, etc.
    • Soziografisch: Einkommen, Bildungsstand, Berufstätigkeit, etc.

    Das wir mit solchen Zielgruppen im Marketing nicht sehr weit kommen, zeigt folgendes Beispiel:

     

    Grafik zur klassischen Zielgruppendefinition

    Bei einer klassischen Zielgruppenanalyse haben Ralf und Marius fast identische Daten, wenn es um geografische, demografische und soziografische Merkmale geht.

    • Geografisch: Südwestdeutschland
    • Demografisch: ca. 40 Jahre, männlich, verheiratet
    • Soziografisch: Einkommen über 100.000 Euro, Geschäftsführer

    Ralf und Marius würden aber höchstwahrscheinlich niemals privat befreundet sein. Sie haben einen komplett anderen Lebensstil. Ein komplett unterschiedliches Kaufverhalten. Die Produkte, die sie konsumieren, können unterschiedlicher kaum sein. Ihre dahinterliegende Entscheidungskraft sind Ihre Grundmotive.

    • Psychografische Merkmale bei Ralf: Sicherheit, Geborgenheit, Familie, Heimat
    • Psychografische Merkmale bei Marius: Anerkennung, Abenteuer, Status

    Unter dem Tatsache, dass wir also unsere Entscheidungen zu einem Großteil aufgrund unserer Emotionen treffen, hilft uns eine klassische Zielgruppendefinition nur bedingt. Für unser Marketing müssen wir unsere Zielgruppen um psychografische Merkmale erweitern.

    Das alles hat bei richtiger Anwendung nicht nur Auswirkungen auf deine Werbung, sondern kann so weit führen, dass Unternehmen ihr komplettes Dienstleistungsangebot anpassen, erweitern oder sogar komplett neu aufsetzen. Denn wenn man erst einmal angefangen hat, sich mit den Folgen einer Wunschkundenfokussierung auseinanderzusetzen, werden faszinierende Ergebnisse erzielt.

    Kommen wir aber zurück zum Marketing und welche Auswirkungen psychografische Zielgruppen hierauf haben.

     

    Welche Systeme gibt es für die Bestimmung psychografischer Zielgruppen?

    Es gibt diverse Arten der Zielgruppenanalyse, womit du deine Kunden um psychografische Eigenschaften erweitern kannst. Sie alle gehen damit einher, dass versucht wird, den Kunden mithilfe eines bestimmten Werte- und Emotionssystem zu beschreiben.

     

    LIFO-Methode

    Ein System ist die LIFO-Methode. Hier teilen wir die Zielgruppe in eine von vier Gruppen ein:

    • Rot ⇒ Produktivität: Zeichnet sich durch Ehrgeiz und Status aus. Das Alphatier.
    • Grün ⇒ Kontinuität: Scheut die Veränderung und liebt Beständiges. Der Sicherheits-Typ.
    • Gelb ⇒ Flexibilität: Sehr anpassungsfähig und experimentierfreudig. Liebt die Harmonie.
    • Blau ⇒ Verantwortung: Der soziale Typ. Möchte anderen Menschen helfen.

     

    Abbildung zur Lifo-Methode

    Die LIFO-Methode ist sehr einfach zu verstehen und hilft hervorragend, um Menschen recht schnell einer gewissen Zielgruppe zuzuordnen. LIFO stammt ursprünglich aus der Sozialpädagogik, wird aber mittlerweile verstärkt für Marktforschung, Verkaufstrainings, Teambuilding und Führungscoaching eingesetzt.

    In unserem Beispiel wäre Ralf der grüne Typ. Marius hingegen knallrot.

    Ein fast identischer Ansatz, nur mit anderen Farben ist das DISG-Modell sowie die Persönlichkeitsstruktur-Analyse.

    Für eine detaillierte Zielgruppenanalyse, die dazu dient, Marketing-Maßnahmen abzuleiten, ist mir LIFO aber zu steif und bietet nur wenig Flexibilität. Die Methode ist für Verkäufer oder Coaches allerdings hervorragend geeignet, da es darum geht, sein Gegenüber schnell einordnen zu können.

    Wenn man genügend Zeit hat und sich intensiv mit den Merkmalen seiner Wunschkundschaft auseinandersetzen kann, ist eine limbische Zielgruppendefinition deutlich detaillierter.

    Limbische Zielgruppen

    Der geniale Neuromarketer Hans-Georg Häusel, hat wegweisende Standards im Bereich der psychografischen Zielgruppenbestimmung erschaffen. Seine Forschungen bauen auf dem Limbischen System auf, dem Teil unseres Gehirns, der für die Verarbeitung unserer Emotionen zuständig ist. Dabei besteht ein menschliches Individuum natürlich aus einer Vielzahl von Grundmotiven

    Im Gegensatz zu den klassischen Farbmodellen stellt uns modernes Neuromarketing also ein viel detaillierteres Spektrum zusammen. Anstatt einen Menschen in den roten, blauen oder gelben Typ einzuteilen, definieren wir Emotionen bzw. Eigenschaften, die diesem Menschentyp sehr wichtig sind. Dazu gehören zum Beispiel:

    • Geselligkeit
    • Vertrauen
    • Qualität
    • Disziplin
    • Macht
    • Abwechslung
    • Genuss
    • etc.

    Dabei werden die wichtigsten Emotionen so angeordnet, dass sie zusammen ein detailliertes psychografisches Profil einer Zielgruppe beschreiben. Ein Profil, welches Emotionen beinhaltet, die später verantwortlich sind für die Kaufentscheidungen.

     

    Auswirkung von psychografischen Zielgruppen auf Marketing und Unternehmen

    Seine Zielgruppe um psychografische Merkmale zu erweitern, ist natürlich deutlich komplexer und aufwändiger.

    Allerdings bieten sie auch großartige Chancen. Bestenfalls baut man sogar sein komplettes Unternehmen darauf auf und definiert seine persönliche Wunschkundschaft.

    Für unser Marketing haben psychografische Zielgruppen vor allem zwei massive Vorteile:

    • Zunächst können wir mit einer psychografischen Zielgruppenanalyse unser Marketingbudget besser ausrichten
    • und wir können die Marketingkanäle wählen, die am ehesten zum Erfolg führen. Der Streuverlust wird also deutlich reduziert.

     

    Wahl des Marketing-Kanals

    Leider bieten uns selbst die großen Social Media Plattformen wie Facebook oder LinkedIn nur die drei klassischen Auswahlmöglichkeiten an:

    • Geografie
    • Demografie
    • Soziografie

    Natürlich könnten wir über Interessen auch auf Social Media psychografische Merkmale von Zielgruppen anpeilen. Aber es ist trotzdem ein gewisser Streuverlust da. Bitte versteh mich nicht falsch – Social Media ist ein toller Marketingkanal. Auch wir empfehlen bestimmten Kunden immer wieder in Social Media zu investieren.

    Viel interessanter ist jedoch die Google Suche, denn hier serviert uns der Kunde durch seine Suchanfrage schon erste Informationen zu seinem Grundmotiv. Adjektive geben uns bei einer Google-Suche zusätzliche Informationen mit. Ein einfaches Beispiel:

    • Beste SEO-Agentur ⇒  Höchstwahrscheinlich ein Kunde aus dem Bereich Dominanz.
    • Günstige SEO-Agentur ⇒ Wahrscheinlich eher ein Kunde aus dem Bereich Stimulanz.

    Je nachdem, in welchem limbischen Bereich also deine Dienstleistung (oder Positionierung) angesiedelt ist, kann dadurch eine passende Keyword-Strategie entwickelt werden, die die Grundmotive deiner psychografischen Zielgruppe besser trifft.

     

    Steigerung der Abschlussquote

    Ein weiterer Vorteil von psychografischen Zielgruppen: Wir können unsere Abschlussquote steigern, sobald wir die Kunden erst einmal auf uns aufmerksam gemacht haben. Im Marketing sprechen wir hier von einer Conversion Rate Optimierung. Leider besteht eine Conversion Rate Optimierung bei den meisten nur aus A/B-Testings, das Hinzufügen einiger Call-to-Actions oder einer Optimierung der Benutzerfreundlichkeit.

    Alles korrekt, doch richtig spannend wird es, wenn bestimmte Formulierungen die Grundmotive der Zielgruppe ansprechen.

     

    Grafik zur Steigerung der Abschlussquote

    Nutzenkommunikation im Verkauf

    Je nachdem, mit welcher Zielgruppe man zu tun hat, kann man anders argumentieren. Wir zeigen das einmal am Beispiel einer SEO Betreuung:

    • SEO für Dominanz: nicht mehr an dir vorbei. Du bist überall sichtbar.
    • SEO für Balance: Mit unserer SEO hast du die Sicherheit, dass du nicht gegen Google Richtlinien verstößt.
    • SEO für Stimulanz: Mit SEO sparst du langfristig Tausende von Euro, die du ansonsten in Google Ads investieren müsstest. Du erhältst dann quasi jeden Klick kostenlos, für den du jetzt 2,00 Euro bezahlst.

    Die Nutzenkommunikation sollte sich natürlich durch deine komplette Webseite ziehen.

    Liegt deine psychografische Zielgruppe limbisch irgendwo zwischen Präzision, Leistung und Funktionalität, wären Sätze wie „Made in Germany“ äußerst hilfreich.

    Stimulante Typen würdest du eher mit sehr extravaganten Dingen überzeugen, wie „das weltweit erste Produkt mit Eigenschaft XYZ“.

     

    Handlungsaufforderung (Call-to-Action)

    Die Handlungsaufforderung ist ein elementarer Bestandteil im Marketing. Auch hier spielt der Emotionsraum deiner Zielgruppe wieder eine entscheidende Rolle.

    Ist deine Zielgruppe zum Beispiel mit einem starken Sicherheitsbedürfnis ausgestattet, wäre eine Handlungsaufforderung mit Garantiewirkung eine schlaue Wahl. Hier könntest du beispielsweise Sätze wie „Unverbindliche Anfrage“ oder „Kostenloses Gespräch vereinbaren“ nutzen.

    Stellst du bei deiner Zielgruppe ein sehr starkes Bedürfnis nach Sicherheit fest, könntest du sogar noch weiter gehen und eine „30-Tage Geld-Zurück-Garantie“ anbieten.

     

    Corporate Design

    Hast du dich schon einmal gewundert, warum viele Anwälte, Buchhalter oder Steuerberater ein blaues Design haben? Die Menschen verbinden die Farbe Blau mit Emotionen wie Präzision, Logik, Genauigkeit. Ein Orange, das für Spaß, Neugier und Kreativität steht, wäre hier komplett fehl am Platz.

    Achte bei der Wahl deines Corporate Designs aber nicht immer nur auf den Stereotyp der Branche. Wenn du ein Anwalt für Designer bist und nur mit äußerst kreativen Menschen zu tun hast, kann es tatsächlich sinnvoller sein, eher in Richtung Orange zu gehen oder zumindest gewisse Elemente in Orange zu integrieren.

     

    Die Nutzung bestimmter Icons und Symbole

    Icons, Symbole, Gütesiegel oder Zertifizierungen sind ebenfalls ein spannendes Marketinginstrument, wenn sie zielgerichtet eingesetzt werden. Ein Beispiel: Angenommen, du verkaufst Premium-Küchen mit richtig hochwertigen Granit-Arbeitsplatten. Dann gehört deine psychografische Zielgruppe in den dominanten Bereich mit Eigenschaften wie Status, Ruhm, Ehre, etc. Hier solltest du nicht auf die Idee kommen, mit irgendwelchen Rabatt-Aktionen zu werben.

    Oder andersrum: Nutze Icons, die deine Zielgruppe ansprechen! Wenn du einem Anwalt mit dem Grundmotiv Sicherheit und Genauigkeit eine Software verkaufen möchtest, dann solltest du dafür sorgen, dass du ISO-zertifiziert bist. Den abenteuerlustigen Unternehmer wird ISO hingegen wenig interessieren.

     

    Weitere Anwendungsfelder

    Wenn du das Ganze einmal weiterspinnst, wirst du noch viele weitere Anwendungsfelder finden, in denen psychografische Zielgruppen eine Auswirkung auf das Unternehmen/Marketing haben. Zum Beispiel:

    • die Art der Ansprache in den Werbeanzeigen
    • das Umfeld der Werbeanzeigen
    • die komplette Preispolitik
    • die Qualität der Dienstleistung
    • der Charakter deiner Mitarbeiter:innen, vor allem jener mit direktem Kundschaftskontakt
    • dein Kundenservice & Beschwerdemanagement
    • deine Büroräume

    Jeder einzelne Kontakt, den dein Kunde mit dem Unternehmen hat, hat einen Einfluss auf dessen emotionales Empfinden mit deiner Marke.

    Wenn du dich als Premium-Anbieter mit höchstem Kundenservice positionierst, der Kunde aber erst drei Straßen weiter einen Parkplatz findet und dann durch den Regen zu dir laufen muss, ist das eine beschissene emotionale Erfahrung für den Kunden.

    Den Dominanz-Typ hast du dann wahrscheinlich schon vor dem Beginn des Gesprächs verloren. Dem Balance-Typ macht das nicht so viel aus. Falls er überhaupt mit dem Auto anreist, erfreut er sich beim Abtrocknen daran, dass es in deiner Toilette keine Papierhandtücher mehr gibt, sondern Stofftücher, womit dein Unternehmen die Umwelt schützt.