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    Der Veblen-Effekt

    Der Veblen-Effekt beschreibt das nachgewiesene Phänomen, dass eine Preiserhöhung von Produkten und Leistungen unter bestimmten Umständen sogar zu mehr Käufen führt.

    Halt, stopp. Das widerspricht doch jeder Logik, dem ebenfalls nachgewiesenen Muster von Angebot und Nachfrage – und was sind diese „Umstände“ genau, unter denen der Veblen-Effekt Wirkung zeigt? Keine Sorge, Erklärung und Kontext folgen.

    Das „normale“ Konsumverhalten

    Oder: Wie es eigentlich funktionieren sollte. Wenn du von der obigen Definition des Veblen-Effekts völlig irritiert warst, liegt das vermutlich daran, dass diese gegen die gängigen Annahmen von Angebot und Nachfrage zu verstoßen scheint, die bereits im 19. Jahrhundert aufgestellt wurde.

    So gehen die darauf basierenden Wirtschaftsmodelle von folgendem Muster aus:

    Wenn die Nachfrage sinkt, sinkt der Preis. Wenn die Nachfrage steigt, steigt der Preis. Aber: Wenn der Preis steigt, sinkt die Nachfrage.

    In anderen Worten: Irgendwann ist Schicht im Schacht, der Preis hat seine Grenze erreicht, und dann zieht (potenzielle) Kundschaft nicht mehr mit. Aber: Vergraulen hohe Preise alle Kunden? Nein.

    Zentraler Punkt dieser neoklassischen Wirtschaftstheorien ist der „Homo Oeconomicus“, der völlig rational handelt und kauft. Mittlerweile ist diese Idee jedoch veraltet. Neuromarketing-Studien zeigen seit Jahren, dass wir unsere Kaufentscheidungen als extrem emotionale und soziale Wesen treffen. Und genau hier kommt der Veblen-Effekt ins Spiel, der wieder mal zeigt: rationaler Kundschaft – Pustekuchen!

    Der „anormale“ Geltungskonsum

    Beim Veblen-Effekt zeigt sich, dass ein Kauf für bestimmte Zielgruppen erst dann interessant wird, wenn sie dafür tief in die Tasche greifen müssen. Sie verhalten sich also völlig widersprüchlich zur Annahme vom Preisgefüge „Preis steigt, Nachfrage sinkt“. Anders gesagt: Es handelt sich hierbei um eine Anomalie des „rationalen“ Konsumverhaltens.

    Warum zum Kuckuck sollte die Kundschaft teurere Angebote bevorzugen?

    Ganz einfach: Weil Preis mit Prestige gleichgestellt wird. Mit dem Kauf von teuren Produkten erhoffen sich Menschen ein höheres Ansehen bzw. einen gewissen Status – nur sie können sich so etwas leisten! Im Rückkehrschluss gilt: Wenn es jeder bezahlen könnte, wäre es nicht mehr interessant.

    Aus diesem Grund spricht man beim Veblen-Effekt auch häufig vom Prestigeeffekt oder Geltungskonsum. Geprägt wurden diese Begriffe 1899 von Thorstein Veblen, der den Veblen-Effekt im Kaufverhalten der feinen Leute, der „Leisure Group“, entdeckte. Langsam kommen wir den „Umständen“ näher, die gegeben sein müssen, damit dieser Prestigeeffekt seine Wirkung zeigt: Nämlich der Zielgruppe, die besonders anfällig für den Geltungskonsum ist.

    Wer liebt den Geltungskonsum?

    Verkaufen muss man mit Emotionen! Wenn du Unternehmer:in bist oder dich mit dem Marketing für dein Unternehmen beschäftigst, hast du vermutlich bereits eine klare Zielgruppe definiert. Aber hast du dabei auch die unterschiedlichen Persönlichkeiten und emotionalen Profile deiner potenziellen Kundschaft berücksichtigt? Wenn nicht, wird es höchste Zeit.

    Ausflug zu limbischen Zielgruppen

    Die limbischen Zielgruppen, erarbeitet vom Neuromarketer Hans-Georg Häusel, sind eine geniale Herangehensweise, um deine Zielgruppe richtig einzuschätzen und dem richtigen Persönlichkeitstypen zuordnen zu können. Das Modell basiert auf den 3 Grundmotiven von Kunden bzw. den 3 Emotionssystemen, die unsere Kaufentscheidungen leiten.

    Jedes dieser Systeme strebt nach bestimmten positiven Emotionen und versucht, bestimmte negative Emotionen zu vermeiden.

    • Das Stimulanz-System will neue Reize und vermeidet Langeweile.
    • Das Dominanz-System will Stolz und Siegesgefühle und vermeidet Machtlosigkeit
    • Das Balance-System will Geborgenheit und vermeidet Angst und Stress

    Laut Häusel können alle Menschen einem von 7 limbischen Zielgruppen zugeordnet werden – je nachdem, welches Emotionssystem am stärksten ausgeprägt ist. In Häusels Modell gibt es vor allem einen Typen, der für uns im Kontext des Veblen-Effektes interessant ist. Der Performer. Denn der strebt nach Dominanz, die er/sie gerne durch Status-Symbole ausdrückt.

    Was dir das bringt

    Um vom Veblen-Effekt zu profitieren, solltest du deine gesamte Marketingstrategie auf die Performer ausrichten.

    Denn Harmonisierer, Traditionalisten und Offene werden alles andere als angetan sein, wenn du versuchst, diese mit einer Preiserhöhung aus der Reserve zu locken. Sei dir also sicher, dass du dein Angebot für die richtige Zielgruppe positionieren (kannst), bevor du versuchst, mit dem Veblen-Effekt das große Geld zu machen. Produkte und Leistungen wie Uhren, Autos und Luxusreisen in die Malediven sind die offensichtlichen Performer-Leckerbissen, aber du kannst auch andere Leistungen geschickt für dominante Typen emotionalisieren.

    Im nächsten Schritt solltest du dein Wording, deine Bilder, Kaufaufrufe etc. auf den dominantesten Kundschaftsanteil anpassen. Und voilà, du hast den goldenen Gral des Veblen-Effekts gefunden! Wie gesagt, nicht jedes Unternehmen bietet Leistungen an, die von vornherein für den Veblen-Effekt bzw. den Performer wie geschaffen scheinen.

    Hier ein Beispiel,

    wie du den Veblen-Effekt aus scheinbar ungeeigneten Angeboten herauskitzeln:

    Stefan ist Unternehmer und betreibt ein Reiseportal. Spezialisiert hat er sich vor allem auf Wochenendtrips nach Mallorca. Nachdem er sich mit dem Veblen-Effekt beschäftigt hat, ist ihm klar: keine Chance auf mehr Umsatz durch den Geltungskonsum.

    Denn wenn Malle für eines steht, dann ist es Spaß für wenig Geld — das weiß er auch aus eigener Erfahrung mit der Party-Insel. Falsch! Denn: Auch Mallorca kann Luxushotels, Deluxe-Golfanlagen und Wellnessresorts. Und dreimal darfst du raten, wer sich das gerne gönnt. Richtig. Der Performer – nennen wir ihn Paul. Paul der Performer sucht im Internet nach Reisemöglichkeiten in Spanien. Die billig blinkenden Rabatt-Banner für die Mallorca Kurztrips ignoriert er einfach.

    Aber Moment! Zwischen diesen Massen-Angeboten erscheint ein reduziertes Design mit hochwertigen Hotel-Bildern – und in goldener Schrift ein (für die meisten) horrender Preis. Das kann sich bestimmt nicht jeder leisten! Was da wohl dahinter steckt? Der Veblen-Effekt zeigt seine Wirkung.

    Was ich sagen will: Neben ein paar Anpassungen in seiner Marketingstrategie könnte Stefan mit einer Preiserhöhung durchaus auch mit seinen Mallorca-Reisen die Zielgruppe anziehen, die gerne dem Geltungskonsum frönt. Tatsächlich hat Stefan wahrscheinlich sogar einen klaren Vorteil gegenüber den Malediven-Reiseportalen: Er hat eine Nische entdeckt, in der er sich mit seinem Unternehmen richtig breit machen kann.

    Prestige: Mehr Gesichter als Veblen

    Der Veblen-Effekt wirkt beim Performer, weil dieser nach Dominanz und Status strebt. Doch der Wunsch nach sozialer Anerkennung zeigt sich nicht nur im Geltungskonsum. Insgesamt gibt es 5 soziale Motivationsgründe und Eigenschaften, die Unternehmen triggern können, um Ihrer Marke mehr Prestige zu verleihen und so Kundschaft zu gewinnen. Der Veblen-Effekt ist einer davon. Die anderen 4 sind:

    • Snob Effekt
    • Bandwagon Effekt
    • Hedonismus
    • Perfektionismus

    Snob-Effekt vs. Veblen-Effekt

    Snob-Effekt

    Häufig wird der Snob Effekt mit dem Veblen-Effekt gleichgesetzt. Vermutlich, weil der nicht gerade schmeichelhafte Name etwas irreführt. Die beiden Effekte zielen jedoch auf sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche der Kundschaft ab. Beim Snob-Effekt steht die Einzigartigkeit der gekauften Leistung oder des Produktes im Vordergrund – ungeachtet des Preises! Es geht also ganz allgemein um Nonkonformität, Individualität und dergleichen.

    Veblen-Effekt

    Beim Veblen-Effekt geht um die Zurschaustellung von finanzieller Überlegenheit. Natürlich führt eine starke Preiserhöhung auch dazu, dass ein Produkt weniger häufig gekauft wird. Die Einzigartigkeit spielt jedoch nur eine untergeordnete Rolle für die Zielgruppe, bei der der Veblen-Effekt seine Wirkung zeigt.

    Zusammenfassung

    Der Veblen-Effekt besagt, dass bei bestimmten Zielgruppen eine Preiserhöhung zu einer erhöhten Nachfrage führt, da der höhere Preis als Symbol für Prestige angesehen wird. Die Personen sind bereit, mehr zu zahlen, um ihren sozialen Status zu zeigen.

    Dieser Effekt tritt besonders bei der Zielgruppe der Performer:innen auf, die nach Dominanz und Status streben. Unternehmen können vom Veblen-Effekt profitieren, indem sie ihre Marketingstrategie entsprechend ausrichten und ihre Angebote für die richtige Zielgruppe positionieren.